Juni 2024
Die Kostbarkeiten der Natur
Pflegende Produkte aus der Pflanzenwelt
„Offenbar sind Pflanzen nicht nur Grundbestandteil des Lebens, sondern auch ein großes Geschenk an die Menschheit und ihre Intelligenz - das sie oft achtlos wegwirft. Der Mensch kennt schätzungsweise nur 5 bis 10 Prozent aller pflanzlichen Lebewesen auf der Erde und stellt daraus 95 Prozent seiner wichtigsten Arzneimittel her.“ (Stefano Mancuso aus „Die Intelligenz der Pflanzen“)
Im medizinischen Bereich scheint das Verständnis und die Wertschätzung gegenüber unserer Natur mit ihrer üppigen Flora zu bestehen, wobei hier sicherlich weitere Forschungen nötig sind. Nicht nur, um bestehende Medikamente zu optimieren, sondern auch, um weitere Pflanzen und ihre Wirkungsweisen kennenzulernen.
Ätherische Öle gehören zu den freiverkäuflichen Arzneimitteln, unterliegen ebenfalls dem Arzneimittelgesetz und sind im deutschen sowie europäischen Arzneibuch beschrieben. Sie setzen sich aus unterschiedlichen biochemischen Inhaltsstoffen einer Pflanze in hochkonzentrierter Form zusammen und sind mehr als nur angenehme Düfte. Ätherische Öle wirken ganzheitlich auf unseren Körper und Geist sowie auf unsere Seele. Es ist gibt über 350.000 für uns bekannte Pflanzenarten auf der Erde, wovon etwa 2.300 Arten für die Gewinnung von ätherischen Ölen geeignet sind. Allerdings werden „nur“ bis zu 300 verschiedene Pflanzen dafür verwendet und 100 bis 200 unterschiedliche Öle, je nach Anbieter, im Handel angeboten.
Diese wertvollen Pflanzenöle können unser Wohlbefinden durch einen Raumduft oder einer Inhalation, sowie verschiedenen Körperanwendungen, wie Bäder und Massagen, steigern. In Kombination mit weiteren naturreinen Rohstoffen entstehen naturkosmetische Produkte, die unserer Körper- und Hautpflege dienen.
Im Gegensatz zur Medizin, die krankhafte Veränderungen behandelt und heilt, wird im kosmetischen Bereich präventiv gearbeitet und die Gesundheit gepflegt und erhalten. Der Begriff „Kosmetik“ stammt von dem altgriechischen Wort „Kosmos“ ab. Es steht für Ordnung, Anordnung und Schmuck, so dass sich hier eine Einteilung der Kosmetik ergibt. Die pflegende Kosmetik - die Ordnung - bewahrt die Haut vor Schädigungen, damit ein Übergang zu krankhaften Veränderungen verhindert wird. Zudem beugt sie vorzeitige Hautalterungserscheinungen vor und entschleunigt den natürlichen Hautalterungsprozess. Die dekorative Kosmetik hingegen - der Schmuck - befasst sich mit dem äußeren Erscheinungsbild und betont die positiven Merkmale eines Menschen. Störende Hautveränderungen, wie Narben oder Pigmentflecke werden abgedeckt und die Gesichtszüge natürlich betont. Durch verschiedene Produkte der dekorativen Kosmetik kann ein ausgeglichenes Hautbild entstehen und die optische Attraktivität gesteigert werden.
Beide Bereiche, die pflegende und die dekorative Kosmetik haben das Ziel, ein ganzheitliches Gleichgewicht herzustellen. Die Körper- und Schönheitspflege ist nicht nur eine hautnahe Angelegenheit, sondern wirkt sich auch positiv auf das seelische Wohlbefinden aus. Für eine nachhaltige Umsetzung und eine natürliche Unterstützung des Organismus empfiehlt sich die Verwendung von pflanzlichen Produkten, abgestimmt auf die eigenen Bedürfnisse. Die sorgfältige Auswahl von ätherischen Ölen, Hydrolaten, nativen Pflanzenölen und -fetten und angebotenen sowie selbstgerührten Naturkosmetikprodukten ermöglicht den Zugang zur Natur und bringt uns ein Stück näher mit ihr im Einklang zu leben. Neben dieser Besonderheit gibt es weitere bedeutende Aspekte, die für die Verwendung von Naturkosmetikprodukten sprechen.
Ein Hauptargument ist die Tatsache, dass zur Herstellung dieser Produkte keine künstlichen (synthetischen) Konservierungs-, Farb- und Duftstoffe sowie Emulgatoren aus Mineralölen und anderen chemischen Zusammensetzungen verwendet werden. Ausschließlich naturreine, meist pflanzliche Rohstoffe, oft aus kontrolliert biologischem Anbau, bieten eine Vielzahl an positiven Eigenschaften, die für den unterschiedlichen Bedarf eingesetzt werden können. Mit großer Sorgfalt und Kompetenz werden naturbelassene Rohstoffe gewonnen und für ein Produkt ausgewählt. Um die kostbaren Inhaltsstoffe zu erhalten, geschieht die Herstellung von Naturkosmetik achtsam und jedes Produkt ergibt so eine hochwirksame Einheit. Zudem stammen viele Rohstoffe nicht nur aus kontrolliert biologischem Anbau, sondern auch aus Fairtrade-Projekten. Kleinbauernfamilien auf der ganzen Welt werden durch fairen Handel sozial und wirtschaftlich unterstützt. Der ökologische Anbau ist von großer Bedeutung, so dass diese Rohstoffe von bester Qualität sind.
Diese Aspekte führen dazu, dass Naturkosmetikprodukte teurer sind als konventionelle Kosmetik. Die hochwertigen Rohstoffe sprechen allerdings auch für ihre Effektivität. Bei umsichtiger Verwendung sind natürliche Pflegemittel sehr ergiebig und die Anzahl der benötigten Produkte reduziert sich automatisch. Die Selbstregulierung und Vitalität der Haut wird gefördert, so dass sie wieder ins Gleichgewicht gebracht und widerstandfähiger gemacht wird. Eine ausgeglichene Haut im Zusammenspiel mit einem geistigen und seelischen Wohlbefinden, braucht weniger Aufmerksamkeit und vor allem weniger Produkte als konventionelle Kosmetikhersteller behaupten. Neben der eigenen Gesunderhaltung hat die Verwendung von Naturkosmetikprodukten noch einen weiteren nachhaltigen Aspekt. Bei vielen Herstellern findet die Produktion verantwortungsbewusst und ressourcenschonend statt. Außerdem belasten die Inhaltsstoffe dieser Naturprodukte bei sachgemäßer Anwendung nicht die Umwelt und sind unproblematisch bei der Rückführung ins Abwassersystem.
Mittlerweile gibt es ein großes Angebot an pflegenden Produkten aus der Pflanzenwelt, aber um die Kostbarkeiten der Natur wahrhaftig kennenzulernen, lohnt es sich seine eigene Kreation herzustellen. Beim sogenannten „Selbstrühren“ sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt und das eigene Produkt bietet die Möglichkeit, es individuell auf die eigenen Bedürfnisse abzustimmen. Die Beschäftigung mit pflanzlichen Rohstoffen berührt die Sinne und ein gelungenes Rezept macht nicht nur Freude, sondern bietet auch Flexibilität. Zudem fördert das Wissen um die Inhaltsstoffe die Sensibilität gegenüber konventionellen Produkten und hinterfragt diese kritisch.
Stellvertretend für die Schätze aus der Pflanzenwelt steht in diesem Monat die Nachtkerze (lat.-botanisch: Oenothera biennis) im Mittelpunkt. Ab Juni öffnet sie ihre zitronenfarbenen Blüten in den Abendstunden und verströmt einen intensiven, süßlichen Duft, der vor allem Nachtfalter anlockt. Dies geschieht in ihrem zweiten Lebensjahr, wobei sie auch nicht älter wird. Nachdem die entstandenen Samen sich selbstausgesät haben, neigt sich ihre kurze Lebenszeit dem Ende. Bis dahin kann man die bis zu einem Meter aufrecht wachsende Nachtkerze mit ihren lanzettenartigen, glänzenden Blättern vor allem auf sonnigen Freiflächen und an Wegesrändern begutachten. Im 17. Jahrhundert wurde diese amerikanische Schönheit in Europa eingebürgert. Man wusste um ihren hohen Nutzwert und ihre besonderen Eigenschaften. Vor allem das wertvolle Öl aus ihren Samen ist bis heute in der Kosmetik und Medizin sehr beliebt. Früher war die Nachtkerze als Zierpflanze in Gärten und Parks zu finden, heute ist die recht anspruchslose Pflanze verwildert. So gewöhnlich diese Pflanze in der freien Natur zwischen den anderen Acker- und Wiesenblumen vielleicht erscheint, umso bedeutender sind ihre leuchtgelben Blüten, die bis September zum Sonnenuntergang erstrahlen. Dies tun sie allerdings nur wenige Stunden nach dem Öffnen, dafür jeden Tag im Sommer. Nach der Bestäubung bilden sich im Herbst ihre Früchte als längliche Kapseln mit bis zu 200 Samen, die im Winter gerne als Nahrungsquelle bestimmter Vogelarten bevorzugt werden. Die Samenmenge einer einzigen Nachtkerze ist beachtlich und reich an Energie.
Die Gewinnung des Nachtkerzensamenöls geschieht durch die Pressung oder CO2-Extraktion. Die Pressung ist ein mechanisches Verfahren, das kalt oder heiß durchgeführt wird. Je nachdem um welches Saatgut es sich handelt, wird es vorab zu einem Brei zermahlen. Mit speziellen Maschinen wird dieser dann gepresst. Das gewonnene Öl wird anschließend gefiltert, um Partikel zu entfernen und ein klares, reines Produkt zu erhalten. Die schonendste Art ist die Kaltpressung, da alle pflanzlichen Inhaltsstoffe mit ihren Wirkungsweisen erhalten bleiben. Für eine größere Ausbeute eines Öls findet die Pressung bei Wärme oder Hitze statt. Dadurch verändert sich das Naturprodukt in seinen Bestandteilen und verliert wertvolle Inhaltsstoffe. Der Geruch, der Geschmack und die Farbe können sich ebenfalls ändern, so dass nachträglich eine Raffination durchgeführt wird. Durch zufügen von chemischen Substanzen und einer weiteren Erhitzung des Pflanzenöls werden die störenden Eigenschaften entfernt. Im Grunde verliert das gewonnene Öl zunehmend an Qualität, wird verunreinigt und die Bildung von gesundheitsschädigenden Transfetten durch hohe Temperaturen nimmt zu. Deswegen empfiehlt es sich, kaltgepresste, native und unraffinierte Pflanzenöle zu verwenden. Eine weitere schonende und rückstandsfreie Gewinnungsmethode ist die CO2-Extraktion. Hierbei wird natürliche Quellkohlensäure als Lösungsmittel verwendet. Dieser gasförmige Stoff wird durch Druck so stark komprimiert, dass er flüssig wird. Er strömt durch die zerkleinerten Samen und löst ihr Öl auf sehr schonende Weise. Danach wird der Druck verringert und das CO2 wird wieder gasförmig. So kann es komplett aus dem gewonnenen Öl entfernt und für die nächste Extraktion verwendet werden. Die Ausbeute bei dieser Gewinnungsart liegt bei 99 % und man erhält ein reines und reichhaltiges Pflanzenöl.
Nachtkerzensamenöl gehört zu den Wirkstoffölen, die äußerlich und innerlich angewendet werden können. Dieses Pflanzenöl hat mit etwa 90 % einen sehr hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Diese essentiellen Fettsäuren werden von unserem Körper nicht selbst gebildet und müssen somit zugeführt werden. Die einzigartige Zusammensetzung im Nachtkerzensamenöl hat eine positive Wirkung auf die Haut, den Hormonhaushalt und das Nervensystem. Das Öl ist absolut hautpflegend und bewahrt den Feuchtigkeitshaushalt der Haut. Es ist eine Wohltat bei trockenen, gereizten und entzündlichen Hautzuständen, die intensive Pflege und Aufmerksamkeit benötigen. Bei einer kurmäßigen inneren Einnahme hat dieses Pflanzenöl eine ausgleichende Wirkung auf unser Gefühlsleben, so dass Stress und Gereiztheit gemindert werden können. Neben dem seelischen Gleichgewicht können auch hormonelle Veränderungen, vor allem bei Frauen, auf natürliche Weise harmonisiert werden. Die Verwendung von Nachtkerzensamenöl sollte, wie bei allen Naturprodukten, mit Bedacht erfolgen. Jeder Tropfen dieses Öls ist sehr reichhaltig und schon eine niedrige Dosierung kann sehr effektiv sein. Native Pflanzenöle sind eine gute Möglichkeit unseren Organismus zu unterstützen und somit das Wohlbefinden zu steigern. Bei unklaren Gesundheitszuständen sollte allerdings immer mit den entsprechenden Fachpersonen Rücksprache gehalten werden.
„Wir lassen es zu, dass jedes Jahr zig Arten aussterben, über die wir nichts wissen. Und mit ihnen gehen wer weiß wie viele Dinge für immer verloren, von denen die Menschheit hätte profitieren können. Wenn wir uns bewusst machen, dass Pflanzen empfinden, kommunizieren, sich erinnern, lernen und Probleme lösen, werden wir uns ihnen eines Tages vielleicht nahe fühlen, sie gründlich studieren und wirksam schützen.“ (Stefano Mancuso aus „Die Intelligenz der Pflanzen“)